Der Mensch will immer zum Menschen. Der kleine Chiemsee-Hafenort Gstadt und das Cafè Inselblick sind in Jahresanfangswochen eigentlich der allseits bekannte Geheimtipp von uns hier wohnenden Besucher.innen. Die Neujahr-Touristen sind schon fort und die Frühjahrstouristen noch nicht da. Regale meiner Erinnerungen binden sich an diesen Platz, Wanderungen endeten und begannen wir dort, Open Air sangen wir auf der Uferwiese und oben in der See-Galerie wurde das aramäische Gebet neu geboren. Jetzt ist es leer an der Promenade, auffliegende Vögel singen das 2022-Lied. Der süß dekorierte Kiosk ist Menschenleer und der Dampfersteg zu den Inseln ist beklemmend still. Es ist zu still. Vor dem Cafè Inselblick steht ein Sperrmüllcontainer, die Terrassen sind mit Absperrband umklebt, auf der web-Seite veraltete Infos. Ich flüchte fast in das Gegenteil und den Bumms-vollen Priener Bio-Laden, der den Anschein von Leben recht gut wahrt, vom Leben, das stets und hartnäckig da sein will. Viele shoppen hier mit mir Avocados und Dinkel-Allerlei. In Ermangelung der Bistro-Ecke wird beim Einkaufswagen-Korso, gleich vor der Kasse, eng an eng gequatscht. Der evangelische Pfarrer, den alle kennen, sorgt sich um die Welt und die Yoga-Frau, die niemand kennt, sorgt sich um ihr angemietetes Studio. Einen Moment lang ist es gut, es dreht sich etwas. Ich bleibe inmitten stehen und lese das Leben. Wir sind zusammen, der eine Mensch hört dem anderen Menschen zu beim Mensch-Sein. Das ist der erste Schritt hin zur Umsetzung der Januar-Botschaft. Die feinstofflichen Fäden werden gewoben, von uns zu dem anderen, denn der Mensch will immer zum Menschen und jetzt eben nicht auf dem Dampfer, eben nicht im gemütlichen See-Cafe, sondern stehend-beim Bio-Wagerl.